Ihr Name „Herzenssprecherin“ ist Programm. Caroline Stiegler umhüllt Trauer-, Hochzeits- und Tauffeiern mit jeweils passenden Reden.
16. Januar 2024, 15:43 Uhr
Vor Menschenansammlungen hat Caroline Stiegler keine Angst. Im Gegenteil. Bereits in der Volksschule schlüpfte sie bei Aufführungen gerne in eine andere Rolle und sprach vor Publikum. „Vor Leuten zu reden, war immer schon mein Ding“, sagt die 48-Jährige. Sie ist in Fürstenbrunn aufgewachsen, lebte lange Jahre in der Gemeinde Wals-Siezenheim, seit ein paar Monaten in Taxham.
Ausbildung auf Mallorca
Ihr erster Job war bei der Lauda Air am Salzburger Flughafen, dann war Caroline Stiegler als Reiseleiterin in Griechenland tätig. Davor erlernte sie auf Mallorca Präsentationstechniken und wie man vor Leuten spricht. Das war der Startschuss für ihren weiteren beruflichen Werdegang im Vertrieb. In namhaften Salzburger Firmen betreute sie
20 Jahre lang den Bankensektor. Die alleinerziehende Mutter einer Tochter war beruflich in ganz Österreich unterwegs. „Ich hatte immer das Gefühl, das ist es nicht. Ich war jahrelang auf Suche.“ Die Zeit für eine Umorientierung fiel in die Coronapandemie. „Ich machte online bei einer Schweizerin die Ausbildung zur Trauerrednerin. Es war mir gleich klar, dass das für mich passt.“
Die erste Trauerrede war eine harte Prüfung
Nach einem intensiven Monat der Schulung kam ihr erster Auftrag prompt einen Tag nach ihrer Prüfung. „Eine Bekannte hat mich angerufen und mich als Trauerrednerin engagiert.“ Es war nicht irgendein Todesfall, es handelte sich um den Suizid eines jungen Menschen. Erst sah sich Caroline Stiegler mit der Aufgabe überfordert, doch ihre Ausbildnerin sprach ihr Mut zu: „Du schaffst es!“
Ihre erste Rede hielt sie gemeinsam mit dem Maxglaner Pfarrer. „Ich habe das Leben des Verstorbenen beschrieben.“ Während des Liedes „So still und so verloren gingst du fort“ betete sie mit dem Pfarrer in der Sakristei. „Dann ist die Christusenergie durch mich geflossen und ich wurde ruhig.“
Die Pietät ist besonders wichtig
Seitdem hat sie viele Trauerreden gehalten, immer ist ihr die Pietät gegenüber den Angehörigen sowie der verstorbenen Person besonders wichtig. „Zuerst verneige ich mich vor dem Sarg, vor der Urne. Ich spreche zu den Menschen, während der Lieder bin ich ganz beim Verstorbenen.“ Ihre neue Arbeit lehrte die attraktive Erscheinung auch, anders mit dem Tod umzugehen. „Man bekommt eine andere Sicht auf die Dinge“, sagt sie. Als eine große Bereicherung sieht sie die Wertschätzung der Trauernden.
Ihnen mailt sie vorab einen Fragebogen, aus dem sie vom Wesen und Charakter, den wichtigsten Ereignissen des verloren gegangenen Familienmitgliedes erfährt. Fotos komplettieren ihr Bild vom Verstorbenen. „Es ist für die Familie eine Art von Aufarbeitung und die Gespräche im Vorfeld sind oft heilsam.“
Ihr Beruf ist eine große Verantwortung
Etwa 20 Minuten dauert ihre Rede. „Rednerin zu sein, ist kein Hobby, du hast eine große Verantwortung.“ Besonders schwierig ist der Anfang. Manche Reden fließen in drei, vier Stunden in eine Rohfassung. Die Zeit ist meist sehr knapp bemessen, um sich auf die Person vorzubereiten. Mit einem Ausdruck der Rede auf weißem Papier in ihrer schwarzen Mappe als Hilfestellung gibt sie den Verbliebenen am Tag der Verabschiedung Kraft. Bei jeder Trauerfeier hat sie für die Familie etwas Passendes mit dabei. So übergab sie etwa den Trauernden eines Verstorbenen, der seinen Kaffee immer mit fünf Stück Zucker genoss, als Sinnbild des süßen Lebens ein Sackerl mit fünf Stück Würfelzucker. Ihre Reden hält sie in ganz Salzburg, führen sie aber auch nach Bad Reichenhall oder Berchtesgaden.
Veränderte Stimmlage bei Hochzeiten und Taufen
Das Umstellen auf Hochzeits- oder Taufreden ist für die Herzenssprecherin keine große Sache. „Das Wichtigste ist die Energie, die man aussendet. Die Liebe spürt man überall.“ Ihre Stimmlage wie die Betonung ändern sich automatisch, wenn etwas sehr traurig ist oder etwas sehr glücklich macht. Die Herzenssprecherin wünscht sich in Zukunft viele Menschen, die sie als Rednerin wählen. „Mein Traum wäre es, mit meiner Rede eine Trauung im Schloss Leopoldskron zu bereichern.“
Artikel BIRGIT EGGER , Salzburger Nachrichten
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